Ein Beitrag von Christin Löhner
Die Stimme ist mit das Wichtigste um ein gutes Passing, also wie man beim gegenüber ankommt, zu erreichen. Passt alles Äußerliche wie Kleidung, Haare, Gesicht und/oder MakeUp, so ist der gesamte Eindruck den man von einer Person hat komplett zerstört, wenn die Stimme nicht dazu passt.
Ich selbst bin ja eine Frau mit Variante der Geschlechtsentwicklung, also Mann-zu-Frau Transsexuell und kann von mir behaupten, das ich doch schon sehr fraulich und weiblich aussehe (siehe Bild rechts). Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, in Fußgängerzonen oder anderen belebten Orten, werde ich kaum noch beachtet, bzw. höchstens natürlich wegen meiner imposanten Gestalt (breite Schultern, 186cm groß).
Sobald ich jedoch den Mund aufmache und auch nur einen Ton sage, ist dieser Eindruck den andere Personen von mir haben, nämlich den einer schönen, aber halt eben sehr groß gewachsenen Frau, komplett zerstört.
Nun, warum ist das so?
Das menschliche Gehirn hat verschiedene Kriterien um einen Menschen (wieder) zu erkennen oder diesen Menschen automatisch in verschiedene Schubladen zu stecken. So kategorisiert das Gehirn ganz automatisch Menschen die es sieht, in mindestens diese Schubladen, ohne das wir selbst bewusst etwas dagegen tun können:
- Männlich oder Weiblich
- Baby, Kind, Heranwachsende*r, Teenager, Erwachsene*r, Senior*in
- Seriosität
- Sympathie
…und noch so einige mehr.
Eines der wichtigsten Kriterien für das menschliche Gehirn, um einen Menschen zu „katalogisieren“ ist natürlich die Stimme. Wir erkennen das Geschlecht eines Menschen vor allem an zwei Dingen: Dem Aussehen und eben der Stimme. Und auch wenn jetzt viele schreien werden, dass dies ja auch wieder nur ein Klischee ist und das Geschlecht im Kopf statt findet und nicht zwischen den Beinen, so hat sich unser Gehirn trotzdem an genau diese Erkennungsmerkmale im Laufe der Evolution gewöhnt und lässt sich eben nicht davon abbringen.
Das heißt, ein Mensch der so wie oben rechts auf dem Foto ganz offensichtlich weiblich aussieht, sogar für manche als schön oder sexy erscheint wird sofort in die Kategorie „Männlich“ verschoben, sobald man die Stimme hört und diese eben brummelig und tief ist.
Möglichkeiten
Nun, was haben wir Menschen mit Variante der Geschlechtsentwicklung (transsexuell) für Möglichkeiten um genau diese verräterische Komponente, nämlich die Stimme, dem Geschlecht anzupassen, als das wir nach außen hin leben wollen.
Frau-zu-Mann – FtM
Was hat eine Frau-zu-Mann transsexuelle Person (ftm), also ein Mann, für Möglichkeiten, um seine Stimme so tief und brummelig zu bekommen, wie sie für einen Mann nun einmal charakteristisch ist? Tja, das nun Folgende finde ich persönlich ein kleines bisschen unfair. Den Grund erfahrt ihr gleich.
Ein transsexueller Mann braucht sich über seine Stimme absolut keine Gedanken machen!
Durch die Einnahme von TestosteronTestosteron ist das männliche Sexualhormon. Anders als bei den weiblichen Sexualhormonen (Östrogene), besitzen die Männer nur ein Sexualhormon. Hashtags: #testosteron #vielfalt #diversity #glossary #wörterbuch #lexikon..., wird die männliche Pubertät ausgelöst und ein Mann kommt damit ganz automatisch in den männlichen Stimmbruch. Und wie der Name schon suggeriert, der männliche Stimmbruch bricht die Stimme – oder um es etwas verständlicher auszudrücken, der männliche Stimmbruch sorgt dafür, das sich der Stimmapparat, also der Kehlkopf, die Muskeln und Stimmbänder verändert. Der Stimmapparat wird durch den männlichen Stimmbruch „kaputt gemacht“ und die Stimme rutscht dadurch ganz automatisch nach unten und in den Brustkorb. Sie wird männlich tief.
Dies passiert bei einem transsexuellen Mann ganz automatisch und sie müssen sich keine Gedanken darüber machen, ob oder wie sie durch ihre Stimme als transsexuell verraten werden könnten.
Innerhalb nur weniger Tage nach der ersten Einnahme von TestosteronTestosteron ist das männliche Sexualhormon. Anders als bei den weiblichen Sexualhormonen (Östrogene), besitzen die Männer nur ein Sexualhormon. Hashtags: #testosteron #vielfalt #diversity #glossary #wörterbuch #lexikon... (oder dem Schmieren des Testo-Gels), beginnt bereits der Stimmbruch und die Stimme wird ganz allmählich tiefer. Dies kann von Mann zu Mann unterschiedlich sein. Bei dem Einen beginnt es schon nach wenigen Tagen, bei dem Anderen vielleicht erst nach vier, fünf oder acht Wochen. Aber es passiert. Langsam und unaufhaltsam rutscht die Stimme immer tiefer und man selbst bemerkt es erst, wenn sie bereits deutlich gesunken ist. Die Umwelt, die Freundin oder Familie, die bemerken es deutlich schneller und es lohnt sich, ab und zu mal nach zu fragen, ob sie schon etwas bemerken.
Mann-zu-Frau – MtF
Nun, ich bin (leider) eine Frau mit Variante der Geschlechtsentwicklung (transsexuell) wie man oben erkennen kann, also eine Mann-zu-Frau transsexuelle Person und wir Frauen haben es da deutlich schwerer.
Bei uns Frauen hat bereits die erste, männliche Pubertät, also der männliche Stimmbruch, den Stimmapparat kaputt gemacht. Deshalb haben wir eine männliche, tiefe und resonante Stimme. Die zweite, weibliche Pubertät die ja unweigerlich kommt, sobald wir unser TestosteronTestosteron ist das männliche Sexualhormon. Anders als bei den weiblichen Sexualhormonen (Östrogene), besitzen die Männer nur ein Sexualhormon. Hashtags: #testosteron #vielfalt #diversity #glossary #wörterbuch #lexikon... durch das ÖstradiolÖstradiol (E2) ist das stärkste der drei weiblichen Sexualhormone. Neben Östradiol gibt es noch Östron (E1) und Östriol (E3). Alle drei Sexualhormone zusammen ergeben die... ersetzen, kann den Stimmapparat nicht wieder reparieren – Kaputt ist und bleibt kaputt. Bei uns wird die Stimme leider nicht mehr höher oder weiblicher nur durch Einnahme von Östrogenen.
Aber trotzdem haben auch wir Möglichkeiten, unsere Stimme so weit zu verändern, das sie weiblich(er) klingt und unsere „Tarnung“ nicht kaputt macht.
Stimmband-Operation
Dies ist eine Option, in die viele Frauen ihre Hoffnung legen. Leider ist die Stimmband-Operation allerdings wirklich höchst gefährlich und die Chance, nachher wie Mini Mouse oder Donald Duck zu klingen ist enorm hoch! Zudem benötigt auch eine erfolgreiche Stimmband-Operation jahrelanges Stimmtraining im Anschluss, um auch der neuen Stimme die weiblichen Charakteristiken (Siehe im nächsten Punkt) zu verleihen. Deshalb, vor allem aber wegen der sehr hohen Gefahr dass das Ergebnis nicht dem entspricht, was man sich wünscht, rate ich dringendst von einer Operation an den Stimmbändern ab!
Logopädie – Stimmtraining
Die sogenannte Logopädie ist das Training der Stimme. Nur mit Hilfe der Logopädie – ganz ohne Operation! – können auch Frauen im Laufe der Zeit, eine schöne, weibliche Stimme bekommen. Aber wie ist das Möglich?
Der Unterschied zwischen der männlichen und der weiblichen Stimme besteht aus vor allem drei Kriterien:
- Der Pich, also die Tonhöhe
- Die Resonanz, also die Vibration, das Brummen
- Die Betonungen, der „Singsang“
Der Pitch – Die Tonhöhe
Die Tonhöhe ist gar nicht das Wichtigste, da sich der männliche und der weibliche Frequenzbereich zu einem recht großen Teil überschneiden. Wenn man es schafft, die Stimme innerhalb dieses kleinen Frequenzbereichs zu halten, nur minimal höher zu sprechen (Nicht mit der Kopfstimme!), dann ist man da schon mal recht sicher.
Die Resonanz, die Vibration
Die Resonanz ist das, was der männlichen Stimme am meisten Ausdruck und Charakteristik verleiht. Die männliche Stimme wird im Brustkorb erzeugt, deshalb vibriert bei Männern der Brustkorb beim Sprechen. Dies verleiht der Stimme einen bassigen Brummton, die männliche Resonanz. Dies zu ändern ist das Schwierigste an der Logopädie und braucht viele Jahre langes Training.
Die Betonung, der Singsang
Auch ein sehr wichtiges Merkmal ist die Betonung, die Art zu sprechen. Frauen betonen Passagen ihrer Sätze mehr durch das höher und tiefer werden ihrer Stimme, durch den Pitch, die Frequenz. Männer betonen mehr durch lauter und leiser werden der Stimme. Auch dies zu ändern benötigt lange Zeit des Training und ist nicht so einfach.
Eine wirklich gute und vor allem erfahrene Logopädische Behandlung bezieht mindestens diese drei Kriterien in die Behandlung, in das Training mit ein.
In der Regel wird die Logopädie von den Krankenkassen übernommen, wenn man eine entsprechende, fachärztliche Indikation für die Notwendigkeit der Logopädie dem Antrag beilegt. Der Notwendigkeit kann da zum Beispiel durch die Angabe der Depressionen bei Frauen wegen der Stimme, der somatischen, also körperlichen Beschwerden durch diese Depressionen und durch das Verlangen, als Frau ganz anerkannt zu werden, Ausdruck verliehen werden.
So, ich hoffe ich konnte Dir hier ein paar gute und nützliche Infos weitergeben!
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